Saronischer Golf (2018) – Tagesbericht

Vorwort:
Nachdem wir zuletzt 2011 in griechischen Gewässern (Ionisches Meer) unterwegs waren, sollte es 2018 in die Kykladen gehen. Ausgangshafen sollte Lavrion bei Athen sein. Recht günstig gelegen, da es bis zur ersten Insel der Kykladen (kýklos = Kreis) nur wenige Seemeilen sind. Das Ziel war also klar; einzig eine belastbare Empfehlung, den Vercharterer betreffend, fehlte. Auch nach langem Suchen und Fragen, kam nur der Hinweis eines Kameraden herum, wir sollen uns mal bei einem bestimmten Makler für Charterschiffe melden. In Ermangelung von Alternativen suchten wir also ein Schiff aus – 5 Kabinen sollten es schon sein. Bei der Törnplanung im Sommer 2017 waren auch noch reichlich Schiffe zur Auswahl. Da wir schon häufig ältere Schiffe gesegelt hatten, entschieden wir uns für 2018 bewusst für ein neueres Schiff. Natürlich verbunden mit entsprechendem Aufpreis. Baujahr 2015 sollte eine gute Basis für ein modernes, sicheres Segelvergnügen darstellen. Was uns vor Ort erwartete war ein Schiff, welches den Eindruck machte, bereits 10 Jahre von einer Kegelmannschaft nach der anderen gequält worden zu sein. Dabei wurde nur „vergessen“, die Schäden in den Wintermonaten zu beseitigen. Viele kleine Mängel und ein trauriger Gesamteindruck waren das Ergebnis.

Kurz vor der Abreise wurde uns, in einem Nebensatz, mitgeteilt, dass es nicht ab Lavrion losgehen werde, sondern von der Agios Kosmas Marina bei Glyfada. Sehr ungünstig gelegen, wenn es in die Kykladen gehen soll, da auf der Westseite der Athener Landzunge. Die Marina ist entstanden aus dem alten Olympischen Regattahafen, welcher für die Spiele im Jahr 2004 neu gebaut wurde. Mitten im Nichts. Kein Geschäft, kein Restaurant. Nix. Und wie es dort aussah. Wie kann ein Neubau nach 14 Jahren so verkommen? In Griechenland ist dies wohl möglich. Immerhin sauber; so lange man nicht auf die Toilette wollte… Heute wird der Hafen in erster Linie als Abstellplatz für Millionen-Euro-Yachten genutzt. Dazwischen unser Verscharterer mit ca. 15-20 Schiffen.

0. Tag
Wir machen uns auf den Weg nach Siegburg, um dort gesammelt den Weg zum Flughafen Köln/Bonn anzutreten. Zu nachtschlafender Zeit soll es am ersten Reisetag los gehen. Der Plan ist, dank (kostenpflichtigem) Check-in ab 13 Uhr, schon am Samstag den Hafen zu verlassen.

1. Tag
Kurz vor dem Flughafen, im Taxi sitzend, erreicht uns die SMS von Eurowings, der Flug sei 2 Stunden verspätet. Nun, die 2 Stunden dauert es dann auch, bis wir das Gepäck aufgegeben haben. Personal ist um 05:00 Uhr morgens offensichtlich noch nicht in ausreichender Zahl vor Ort. Der Flug geht mit 2 Stunden Verspätung, dafür völlig überfüllt, los. Wie man das heute so macht: ein nicht ausgebuchter Flug wird mit einem anderen zusammengelegt. Bequeme Sitze hat höchstens der Pilot. Aber das kennen wir von Eurowings nicht anders. Der verabredete Transfer vom Flughafen zum Hafen funktioniert dann gut. Am Schiff angekommen geht es dann erst einmal quer durch den Hafen zum Office, um jede Menge Papierkram zu erledigen. Dort wird uns auch offenbart, dass ein Schiff für 3-4 Tausend Euro Wochencharter keine automatischen Schwimmwesten an Bord habe. Die könnten wir aber gerne – gegen bares – vor Ort mieten. Zack, wieder 50 € dahin… Der andere Teil der Mannschaft macht sich auf, um den Einkauf zu erledigen. Da wir jedoch nicht in Lavrion, mit seiner guten Infrastruktur liegen, gehen wir auf das Angebot des Vercharterers ein, das Einkaufs-Shuttle zu nutzen. Hört sich erst einmal gut an. Bis dann klar wird, wie der Fahrer die Richtgeschwindigkeit der deutschen Autobahn auf die Innenstadt von Athen überträgt. Der „Supermarkt“ ist dann der Tante-Emma-Laden des „Schwagers“ mit entsprechenden Preisen. Wir fühlen uns abgezockt. So fällt der Ersteinkauf etwas kleiner aus, als sonst üblich. Später soll dann in einem normalen Supermarkt der restliche Proviant aufgenommen werden.
Um 18:55 Uhr ist dann auch tatsächlich die Übergabe es Schiffes erfolgt. Zuvor musste nämlich das Großsegel ausgebaut und geflickt werden. Zunächst wollte man uns mit angerissenem Segel auf den Weg senden. Unser Hinweis, dass Sturm angesagt sei, stieß auf fragende Gesichter. Den Wetterbericht für die vor uns liegende Woche schien man dort noch nicht gekannt zu haben.
Da wir die Warnung vor dem herannahenden Sturm natürlich sehr ernst nehmen, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Reiseroute anzugleichen. Es soll nun Richtung Westen, in den Saronischen Golf bis zum Peleponnes gehen. Dort wären wir nicht im Auge des Sturmes. Bye bye Kykladen. Welcome Saronischer Golf.

2. Tag
Der erste Segeltag. Um 09:00 Uhr geht es raus aufs Meer. Der leichte Wind ermöglicht uns ein Frühstück unter Segeln. Ungewöhnlich, aber durchaus reizvoll. Die Insel Paros soll es sein. Genauer: O. Pissis. Anker raus. Motor aus. Ab ins Wasser. Welche Befreiung – so fühlt sich Urlaub an.

3. Tag
Nach einem ordentlichen Frühstück lichten wir den Anker und segeln westwärts zur Stadt Poros auf der Insel Poros. Dort wollen wir den noch fehlenden Proviant bunkern. Ein toller leerer Kai erwartet uns. Als wir Römisch-Katholisch fest gemacht haben, sehen wir auch das Schild: „Nur für Super-Yachten“. Nun ja, ist man mit einer Bavaria 51 eine Super-Yacht? Das sollte später noch Thema werden. Der Einkauf klappt hervorragend. Die Einkaufswagen werden, gemäß guter alter Tradition, bis an das Schiff herangerollt. Der Rest geht per Menschenkette. Die Hafenauthorität erreichen wir jedoch nicht per Funk, wie auf einem anderen Schild angeschlagen; die „Wasserfrau“ kommt aber irgendwann um die Ecke und so können wir auch noch die Wassertanks nachfüllen. Die Bavaria 51 hat eine separate Dusche; wirklich praktisch und ein gewisser Luxus an Bord; aber auch etwas Wasserfordernd. Gegen Mittag können wir ablegen – die Polizei höchst persönlich steht, in voller Montur und grimmig schauend, am Schiff und ruft nach dem Skipper. Es käme nun eine wirkliche Super-Yacht und wir sollten einmal sehen, weg zu kommen. Nun, das passt uns gut in den Kram und die Segel wollen gesetzt werden. Wind und Sonne sind uns wohl gesonnen. Auf zur Nisos (Insel) Idhra. Die Bucht Mantralli ist sehr voll, aber die Dunkelheit machte es notwendig, den Anker zu platzieren. Der angesagte, drehende Wind macht ein Ankerwache notwendig.

4. Tag
Wie erwartet, dreht der Wind in der Nacht um 180°. Um 07:00 Uhr verholen wir und legen den Anker neu; der Katamaran neben uns kam bedrohlich nahe. Das liegt aber vor allem an unserem gut haltenden Anker… Nach Frühstück mit Salat und Obst unter Segeln Richtung Porto Kheli. Inzwischen liegen konstant 6 Windstärken an. Der Wetterbericht stimmt also und der herannahende Sturm nimmt Fahrt auf. Bei leichter Bewölkung und Sonne aber durchaus gut auszuhalten. Und siehe da: endlich kommt die erste SMS-Warnung des Vercharterers: es ziehe ein Sturm auf. AHA! Gut zu wissen! Der Wind ist bereits so stark, dass wir den Anker, in Porto Kheli angekommen, einmal neu legen müssen. Ein letztes Mal ins Wasser – wer weiß, wann es wieder möglich sein wird. Wir bereiten uns auf den bevorstehenden Geburtstag unseres Steuermanns vor. Gambas in Tomaten-Knoblauchsauce helfen dabei recht gut. Musik auch.

5. Tag
Heute spätes Frühstück. Warum nur? Der Wind hat sich bei 7 Beaufort eingepegelt. Hm, mal sehen, was geht. Wir machen uns auf den Weg nach Nafplio. Bei N37°22´ E23°00´ müssen wir abbrechen. Voll gegen an leidet das Material zu sehr. Wir auch. Zurück nach Porto Kheli – eine gute Schutzbucht, wie uns scheint.

6. Tag
Wir bleiben in Porto Kheli und staunen über den Himmel. Schwarz und bedrohlich. Die gesamte Mannschaft schaut immer wieder, ob der Anker hält. Was er tut. Später geht es mit dem Dinghi an Land; ein toller Supermarkt wird ausfindig gemacht und geplündert. Wir lassen es uns an Bord gut gehen und wettern den Sturm ab.

7. Tag
Bei 6-7 Beaufort geht es in Richtung Straße von Khokos. Ruppig und viel, sehr viel Regen machen die Etappe sehr ungemütlich. Wir erreichen die Ostbucht von Poros und liegen recht gut geschützt. Die Nacht kann kommen. Was sie auch tut – mit Regen ohne Ende.

8. Tag
Um 09:00 Uhr geht es los Richtung Korfos. Kurs Nord. Weg vom Medicane „Sorbas“, welcher heute südlich der Peleponnes vorbeizieht. Die Überfahrt wird nass und ruppig. Draußen steht nur, wer muss. Segel werden verkleinert und leider gibt es dabei einen kleinen Riss. Nun, kein Wunder beim allgemeinen Zustand aller Segel. Wir sind froh, den Anker in der Bucht von Korfos fallen zu lassen. Festmachen am Kai ist ausgeschlossen; dort baut sich die Welle bedrohlich auf. Der Regen meint es gut mit uns und hört einfach nicht auf.

9. Tag
Wir genießen einen Sonntagsbrunch mit Rührei, Speck und Obst. Um 15 Uhr erlaubt das Wetter, Richtung Epidauros aufzubrechen. Nach einem Telefonat mit dem Verchartere entscheiden wir, den vorgeschlagenen Segelmacher in Poros aufzusuchen. Dort soll der kleine Riss im Vorsegel genäht werden. Was wir da noch nicht wissen: das soll 450,– € kosten. Nicht 45,–€, was angemessen gewesen wäre… Poros ist überfüllt und wir machen im Dunkeln an einem etwas abgelegenen Steg fest.

10. Tag
Früh am Morgen verholen wir an den Kai, damit der Segelmacher an Bord kommen kann. Dabei „verreckt“ die Ankerwinsch. Nur mit viel Geschick bekommen wir den Anker hoch. In einem Telefonat mit dem Vercharterer wird beschlossen, dass der Motor der Ankerwinsch ersetzt werden muss. Das Ersatzteil solle gegen 15 Uhr mit der Schnellfähre kommen und sofort montiert werden. Wir nutzen die Zeit für einen ausgiebigen Landgang durch den malerischen Ort und besteigen den Berg zum Turm. Gegen 16 Uhr können wir ablegen und schaffen es noch, ein eine schöne Ankerbucht zu finden. Inzwischen ist es wieder gut über 20° warm und dem Baden steht nichts im Wege. Der neue Moter der Ankerwinsch läuft 3x so schnell, wie der alte. Ankermanöver sind plötzlich wieder ein Vergnügen.

11. Tag
Morgens wird bei 24° gebadet, gefrühstückt und das Schiff geputzt. Gewohnter Bordalltag stellt sich ein und der überstandene Sturm ist nicht mehr das alles bestimmende Thema. Gut so. Wir segeln bei herrlichem Wind Richtung Nisos Moni. Um Punkt 12:00 Uhr wird unser „Neuling“ getauft und geht über Bord. Ganz zufällig hatten wir zuvor eine lange Leine ausgebracht. Nisos Moni gefällt uns so gut (der Wind auch), dass wir sie einmal komplett umrunden. Ein herrlicher Sonnenuntergang lässt die Plicht zu dem schönsten Ort der Welt werden. Im Dunkeln umkreist und ein kleines Fischerboot. Liegen wir in seinem Gebiet oder will er uns einfach nur etwas ärgern? Egal, wir lassen uns nicht stören und freuen und über den schönen Liegeplatz.

12. Tag
Von Moni geht es Richtung Follaia auf dem Festland. Unterwegs Kursänderung Richtung Folkaia. Auf dem Weg an Land wird der Müll entsorgt. Natürlich ordnungsgemäß. Ein Restaurant ist auch rasch gefunden. Wein, sowie tolle Vorspeisen, lassen hoffen. Aber wie das so ist, mit der Hoffnung… das klappt nicht immer. Ein liebloser Fleischberg und 3 Pommes pro Person sollen uns glücklich machen. Das hat nicht geklappt.

13. Tag
Wir segeln den ganzen Tag und genießen perfekte Bedingungen. Die ausgewählte Bucht an der Südspitze von Aiyina ist zwar sehr voll, doch wir finden einen ordentlichen Platz. Der Smut verwöhnt uns mit Riesenkartoffeln und Tsatsiki.

14. Tag
Das Abendessen gibt es noch einmal zum Frühstück – nun als Bratkartoffeln. Sehr lecker. Der letzte Schlag, zurück zur Basis, liegt vor uns. Herrliches Wetter und reichlich Wind machen den letzten Ritt zu einem Vergnügen. Auch, wenn wir zwischenzeitlich reffen müssen. Der Verkehr wird dichter, wir müssen sogar einem riesigen Tanker ausweichen, welcher völlig überraschend aus dem Verkehrstrennungsgebiet in unsere Richtig abbiegt. Piräus ist nicht weit und viele große Schiffe können von uns bestaunt werden. Wir erreichen den Heimathafen gegen 16 Uhr und fahren unser letztes Manöver mit Bravour; achterlich anlegen mit Muringleinen. Ab 17 Uhr beginnt die Abnahme – diese zieht sich bis nach 21 Uhr. Es endet, wie es begann… sehr geschäftsmäßig und abgeklärt. Es fehlen der persönliche Bezug und das familiäre Flair, wie wir es von zig anderen Vercharterern kennen. Kein: „Wie habt ihre den Sturm überstanden?“ oder „Wie war der Törn“. Es ging direkt zur Sache; zwischenzeitlich turnten 5 Personen des Stützpunktes auf dem Schiff herum.

15. Tag
Rückreise. Das Shuttle kommt pünktlich und ist ordentlich. Der Flughafen in Athen macht einen guten Eindruck. Es gibt Personal und wir müssen kaum warten. So bleibt uns Zeit und wir können in Ruhe bummeln und ein letztes gemeinsames Bier trinken. Wir fliegen pünktlich mit Aegean Airlines ab. An Bord wimmelt es nur so von freundlichen, hübschen Flugbegleiterinnen. Wir werden versorgt und erhalten etwas zu Essen und Trinken. Kein Vergleich zu Eurowings. Nur der Platz, naja…

Der Vercharterer war Navigare Yachting Greece Singler Member P.C. An dieser Stelle sei ein sehr eindringlicher Hinweis gegeben, sehr genau aufzupassen, was die Übergabeprozedur betrifft. Macht viele Fotos und zeigt, dass Ihr gut und aufmerksam seid. Eure einzige Chance, bei der Rückgabe nicht für etliche „Mängel“ zur Kasse gebeten zu werden. So haben wir es jedenfalls empfunden. Und auch Schiffsnachbarn. Für uns ist der Vercharterer von der Liste gestrichen. Unwiderruflich.
Griechenland ist geprägt von wunderbarer Natur, großartigen Küsten, Inseln, Strände, alten Städtchen – kurz ein wunderbares Erbe, aus welchem sich in der Tourismusbranche mit Leichtigkeit Geld verdienen lassen sollte. Was liegt jedoch überall herum? Müll und Dreck so weit das Auge reicht. In manchen Buchten konnten wir nicht ins Wasser, weil der Ekelfaktor zu groß war. Nicht bei / in einer großen Stadt oder Industrieanlage. Nein – einfach überall. Gefühlt wird dort alles ins Meer geworfen. Was an den Strand geschwemmt wird, bleibt einfach liegen. Autoreifen, Baumaterial, kaputte Möbel und Plastik, Plastik, Plastik. Das war tendenziell in Griechenland schon immer so, doch scheint sich der Zustand der Umwelt negativ zu entwickeln. Schade um das Potential des Landes. Naja, vielleicht hat der Medicane Sorbas alles von Land ins Meer gespült und sonst ist es nicht so schlimm? Dann bliebe allerdings die Frage, was der ganze Unrat an Land zu suchen hatte…
Schön für Segler: in Griechenland gibt es weiterhin viele Anker – und Anlegemöglichkeiten, welche kostenlos oder zumindest sehr preiswert nutzbar sind. Das ist dort wohl ähnlich, wie bei den Steuern: es gibt niemanden, der sie einfordert. Das Aufnehmen von Wasser sollte gut geplant sein; es gibt nicht überall welches. Doch die nicht flächendeckende Infrastruktur macht eben auch einen großen Teil des Reizes dieser Region aus. Wer braucht schon ein Pommsbuden-Schiff um die Ecke?